in Teil 1 dieser Serie habe ich erklärt, warum eine Reformation des Islams zwar möglich ist und auch bereits stattgefunden hat, jedoch nicht zu einem friedlichen Miteinander beiträgt. Das Hauptargument war, dass eine Reformation dem Wort nach einen ursprünglichen Zustand widerherzustellen versucht. Da der ursprüngliche Zustand des Islams jedoch eben nicht von Frieden, Freiheit, Gleichheit und Gewaltlosigkeit geprägt war, sondern im Gegenteil von Kriegen, Feindseligkeiten gegen andere Glaubensgruppen und Gewalt gegen diese und die eigenen Anhänger, ist eine Reformation sicher nicht zielführend. Man lese bitte nur einmal die Lebensgeschichte des Propheten Mohammeds nach Ibn Hisham – die älteste, schriftlich überlieferte Biographie.
Es stellt sich nun also die Frage, ob denn vielleicht eine Modernisierung des Islams möglich sei. Welche Schwierigkeiten und Gefahren ich damit verbunden sehe, werde ich in diesem zweiten Teil der Serie ausführen.
Wenn ein muslimischer Prediger eine Freitagspredigt beginnt, dann tut er dies traditionsgemäß mit einer eröffnenden Rede in der er den Propheten mit den folgenden Worten zitiert, die dieser selbst gemäß der als authentisch betrachteten Hadithsammlung von Muslim in einer Freitagspredigt gesprochen haben soll: „Die beste Rede ist das Buch Allahs, und die beste Rechtleitung ist die Rechtleitung Mohammeds und die böseste Sache ist diese zu erneuern und jede Erneuerung in der Religion (Bid3ah) ist eine Irreführung.“ In der Hadithsammlung von Al-Nasaa2i sind zusätzlich noch folgende weitere Worte Mohammeds überliefert: „und jede Irreführung führt ins Höllenfeuer“. In einem weiteren als authentisch betrachteten Hadith sagt Mohammed „Seid gewarnt vor der Erneuerung der Angelegenheiten (d.h. des Islams), denn jede Erneuerung ist eine Häresie (Bid3ah) und jede Häresie (Bid3ah) ist eine Irreführung.“ Mohammed soll auch gesagt haben „Wer diese unsere Angelegenheit (damit ist der Islam gemeint) mit etwas erneuert, das nicht zu ihr gehört, wird zurückgewiesen.“ Die Authentizität dieses Hadith ist in der muslimischen Gemeinschaft ein Konsens (siehe http://www.binbaz.org.sa/node/18399). All diese Aussprüche Mohammeds, die in der sunnitisch-islamischen Welt als authentisch angesehen werden legen nahe, dass der Islam sich nicht erneuern darf. Denn jede Erneuerung ist eine Häresie, die ins Höllenfeuer führe. Ebenso deutlich ist der Koran, der dies als eine Beigesellung Gottes – also Shirk, Polytheismus – wertet. In Sure 42:21 lesen wir: „Oder haben sie (etwa) Teilhaber, die ihnen als Religion festgelegt haben, was Allah nicht erlaubt hat?“ Und an unzähligen Stellen befiehlt Allah im Koran den Muslimen nur Allah und seinem Gesandten Mohammed zu gehorchen. In Sure 33. 36 lesen wir:
„Weder für einen gläubigen Mann noch für eine gläubige Frau gibt es, wenn Allah und Sein Gesandter eine Angelegenheit entschieden haben, die Möglichkeit, in ihrer Angelegenheit zu wählen. Und wer sich Allah und Seinem Gesandten widersetzt, der befindet sich ja in deutlichem Irrtum.“
Wenn wir eine Modernisierung des Islams kritisch betrachten, dann stellen sich gleich zwei weitere Fragen. Erstens, wenn vielleicht der Islam als Ideologie mit seinen feststehenden Dogmen nicht verändert werden kann, können dann nicht aber vielleicht einfach die Muslime als Menschen eine moderne Auslegung des Islams leben? Das dies funktioniert, sehen wir doch an vielen Beispielen in der Gesellschaft. Dieser Frage werde ich im nächsten Teil dieser Serie nachgehen. Die zweite Frage die sich stellt ist eine ganz grundsätzliche die wir in der Islamdebatte immer wieder hören. „Kann man eigentlich von ‚dem Islam‘ reden?“ Wer definiert eigentlich was „der Islam“ ist? Dieser Frage werde ich in der übernächsten Folge nachgehen.