Liebe und Hass für Allah (Shuraim)

Redner: Scheikh Saoud Bin Ibrahim Al-Shuraim – Universitätsvorlesung in Mekka zur islamischen Glaubenslehre.

Kontext der Vorlesung: Der Scheikh erklärt Glaubensinhalte des Islam anhand von einem Lehrgedicht. Am folgenden Ausschnitt wird das Konzept der Liebe und des Hasses in Allah erklärt. Dieser ist hier übersetzt und zusammengefasst.

 

Übersetzung eines Ausschnitts der Vorlesung:

Ihm ist Wala verboten den Widersachern,
und seien es die eigenen Kinder.

Du musst wissen, dass du Allah und seinem Gesandten gehorchen musst. Zu diesem Gehorsam gehört die Pflicht, Widersacher der Religion (Ungläubige / Kuffar) den Wala („Loyalität“) zu verwehren. Und jeder Ungläubige ist ein Widersacher der Religion. Sich als Gläubiger nach diesem Prinzip zu verhalten, gehört zu den wichtigsten Bedingungen der Religion; nämlich das Prinzip vom „Al Wala wa Al Bara“ („Loyalität und Lossagung“):

Al Wala zu den Gläubigen und Al Bara von den Ungläubigen, wie Allah gesagt hat: Allah solltest du anbeten und den Götzen meiden. Zur Voraussetzung für das wahre Dienen Allahs gehört, dass man den liebt, der Allah liebt, und zur Voraussetzung  der Meidung der Götzen gehört, dass man den hasst, der die Religion Allahs hasst: das ist das Prinzip vom „Al Wala wa Al Bara“ im Islam.

Ein authentischer Hadith sagt (Quelle: Tabarany und andere): „Zur festesten Handhabe im Glauben gehört die Liebe in Allah und der Hass in Allah“. Diese beiden Prinzipien sind den Menschen befohlen worden: in Allah zu lieben und in Allah zu hassen.

Die Liebe gebührt nur den Gläubigen. Und der Hass in Allah teilt sich in zwei Arten:

  1. Hass gegen die Ungläubigen
  2. Hass gegen die ungehorsamen Gläubigen

Beide Arten gebühren jedem nach seinem Maß.

In Bezug auf den Gläubigen ist es ein relativer Hass, d.h. dieser Hass ist immer vermischt mit etwas Liebe. Man hasst den Gläubigen in dem Maße, in dem er ungehorsam ist, und man liebt ihn in dem Maße, in dem er gehorsam ist. So darf man seinen Glaubensbruder nicht vollständig hassen, so wie man ihn auch nicht vollständig liebt, denn in ihm ist ein Teil ungehorsam. Du liebst ihn also für seinen Gehorsam und du hasst ihn für seinen Ungehorsam. Z.B. liebst du jemanden zu 70% und hasst ihn zu 30%, weil dies das Maß seines Gehorsams bzw. Ungehorsams ist. Andere liebt man und hasst man zu jeweils 50%, bis man nahezu vollständig liebt, wenn man keinen augenscheinlichen Ungehorsam sieht. Wenn du dies verstanden hast, weißt du, wie du mit deinen Glaubensbrüdern umgehen sollst. Dies ist ein wichtiges Thema, das viele Muslime aus Mangel an Wissen und eigenen Neigungen ignorieren.

Nun zum Hass gegen die Ungläubigen: dies ist ein absoluter Hass. Du hasst den Ungläubigen vollständig, solange er Allah Gebot (den Islam) nicht angenommen hat. Das wird als „Al Bara“ bezeichnet. „Al Wala“ gebührt nur den Gläubigen. „Al Bara“ gilt den Ungläubigen. „Al Bara“ kommt von „Al Tabarri“ (lt. Abraham im Koran zu seinem ungläubigen Volk: Koran 60, Vers 4: „Ihr habt doch ein schönes Vorbild in Ibrahim und denjenigen, die mit ihm waren, als sie zu ihrem Volk sagten: „Wir sind unschuldig [wörtlich heißt es „Bura‘a“ was den gleichen Stamm hat wie „Al Bara“] an euch und an dem, dem ihr anstatt Allahs dient. Wir verleugnen euch, und zwischen uns und euch haben sich Feindschaft und Haß auf immer offenkundig gezeigt, bis ihr an Allah allein glaubt. (Dies), außer das Wort Ibrahims zu seinem Vater: Ich werde ganz gewiß für dich um Vergebung bitten; doch vermag ich für dich vor Allah gar nichts auszurichten. Unser Herr, auf Dich verlassen wir uns, und Dir wenden wir uns reuig zu. Und zu Dir ist der Ausgang.“). „Al Bara“ (Lossagung) von den Ungläubigen gehört zu den Pflichten des Glaubens an Allah. Mehr noch, es ist eine Pflicht, die den Monotheismus vervollständigt. Den Ungläubigen Liebe zu zeigen, verursacht einen Widerspruch zum Glauben, der einen vom Glauben abfallen lässt.

Was ist aber der Beweis dafür? Denn es wird gesagt, dass es verboten (Haram) ist, den Ungläubigen „Al Wala“ zu zeigen, selbst wenn es deine dir nächststehenden Menschen sind (Familie, Kinder etc.). Dies gilt selbst, wenn der Ungläubige dein Vater, Onkel, Mutter, etc. ist. Es ist nicht erlaubt sie zu lieben, im Gegenteil, du musst sie hassen. Es gibt aber eine spezielle Ausnahme: dem Menschen ist es erlaubt, die Eltern gut zu behandeln, auch wenn sie ungläubig sind.

Was ist also der Beweis für „Al Bara“ (Lossagung von den Ungläubigen) und das Verbot des „Wala“ (Loyalität zu den Ungläubigen)? Der Beweis ist der letzte Vers der Sure Almujadala (Sure 58, Vers 22):

„Du findest keine Leute, die an Allah und den Jüngsten Tag glauben und denjenigen Zuneigung bezeigen, die Allah und Seinem Gesandten zuwiderhandeln, auch wenn diese ihre Väter wären oder ihre Söhne oder ihre Brüder oder ihre Sippenmitglieder. Jene – in ihre Herzen hat Er den Glauben geschrieben und sie mit Geist von Sich gestärkt. Er wird sie in Gärten eingehen lassen, durcheilt von Bächen, ewig darin zu bleiben. Allah hat Wohlgefallen an ihnen, und sie haben Wohlgefallen an Ihm. Jene sind Allahs Gruppierung. Sicherlich, Allahs Gruppierung, dies sind diejenigen, denen es wohl ergeht.“

Hier wird die gesamte Familie und Sippe erwähnt. Es ist nicht erlaubt, ihnen „Wala“, im Sinne von „Liebe“, zu zeigen.

Es gibt zwei Ausprägungen von „Wala“: 1. Lediglich Güte und Gerechtigkeit. 2. Liebe. Den Eltern gilt nur „Wala“ mit der Bedeutung Güte und Gerechtigkeit. Der Beweis ist ein Hadith, in dem eine gläubige Frau Mohammed um Rat bittet, ob sie den Kontakt zu ihren ungläubigen Eltern aufrechterhalten solle. Dies erlaubte ihr Mohammed, solange sie die Eltern lediglich gerecht behandelt und nicht – wie es den anderen Gläubigen zusteht – liebt. Sie muss sich innerlich von ihnen abwenden.

Die zweite Ausprägung von „Wala“ mit Bedeutung Liebe ist laut den Gelehrten ausschließlich den Gläubigen vorbehalten. Sollte man Ungläubigen gegenüber Liebe zeigen, so wird man zum Ungläubigen und befindet sich außerhalb des Islams. Der Beweis dafür steht in der 5. Sure (Vers 51) und in der 60. Sure (Vers 1):

„O die ihr glaubt, nehmt nicht die Juden und die Christen zu Schutzherren (=Vertrauten/“Wala“-Empfänger)! Sie sind einer des anderen Schutzherren. Und wer von euch sie zu Schutzherren nimmt, der gehört zu ihnen. Gewiß, Allah leitet das ungerechte Volk nicht recht.“

„0 die ihr glaubt, nehmt nicht Meine Feinde und eure Feinde zu Schutzherren, indem ihr ihnen Zuneigung entgegenbringt, wo sie doch das verleugnen, was von der Wahrheit zu euch gekommen ist, und den Gesandten und euch selbst vertreiben, weil ihr an Allah, euren Herrn, glaubt. (Nehmt sie nicht zu Schutzherren), wenn ihr wirklich ausgezogen seid zum Abmühen auf Meinem Weg und im Trachten nach Meiner Zufriedenheit. (Tut das nicht, indem) ihr ihnen heimlich Zuneigung zeigt, wo Ich doch besser weiß, was ihr verbergt und was ihr offenlegt. Und wer von euch das tut, der ist fürwahr vom rechten Weg abgeirrt.“

An einer anderen Stelle (Sure 60, Vers 8 und 9) steht auch geschrieben:

„Allah verbietet euch nicht, gegenüber denjenigen, die nicht gegen euch der Religion wegen gekämpft und euch nicht aus euren Wohnstätten vertrieben haben, gütig zu sein und sie gerecht zu behandeln. Gewiß, Allah liebt die Gerechten.

Er verbietet euch nur, diejenigen, die gegen euch der Religion wegen gekämpft und euch aus euren Wohnstätten vertrieben und zu eurer Vertreibung Beistand geleistet haben, zu Schutzherren zu nehmen. Diejenigen, die sie zu Schutzherren nehmen, das sind die Ungerechten.“

Also müssen wir aufpassen und den Umgang mit den Ungläubigen differenziert betrachten. Während man friedlichen Ungläubigen gegenüber Güte und Gerechtigkeit zeigt (z.B. beim Einhalten von Verträgen), darf man ihnen doch keine Liebe entgegen bringen, damit man sich damit nicht aus dem Islam ausschließt.

Gerade beim Umgang mit ungläubigen Familienmitgliedern mag es dem Gläubigen schwer fallen, „nur“ Gerechtigkeit entgegen zu bringen. Jedoch muss man als Gläubiger wissen, dass man sie erst lieben darf, wenn sie in den Islam eingetreten sind. Solange sie fern sind vom Glauben, darfst du sie nicht lieben.